Unsere Paletten sind heile angekommen – Vorbereitung auf die Überfahrt nach Sizilien
Es ist soweit! Die Spedition hat sich angemeldet. Unsere zwei Paletten mit den Überbleibseln unseres Haushalts aus Deutschland sind tatsächlich am Mittwoch, den 29.07.15 in Agios Nikolaos angekommen. Morgens um halb neun kam ein Kleintransporter und hat die Sachen, nachdem der Personalausweis von Michael vorgezeigt wurde, auf dem Steg A abgeladen. Wir waren happy und erleichtert! Der Zustand der Umzugskartons war einwandfrei! Wow, hätten wir nicht gedacht, dass keine Schrammen dran sind. Lediglich die Umfolierung war ein klein wenig eingerissen, aber ansonsten perfekt! Jetzt haben wir alles da.
Im Laufe des Tages machten wir uns dann daran, die Sachen im Boot zu verstauen. Kein leichtes Unterfangen, da wir doch im Platzangebot an Bord ganz schön beschränkt sind. Ob das wohl alles verstaut werden kann? Oh je ist das ein Haufen Zeug! Im Bootsinneren sieht es ganz schön durcheinander aus. Es war aber in jedem Karton etwas drin, auf das wir uns besonders gefreut haben. So sind nun alle unsere Glücksbringer an Bord, die wir zum Abschied von Freunden, Nachbarn und Familie geschenkt bekommen haben. Endlich haben wir eine Küchenwaage an Bord, die wie sich später herausstellte, nicht so ganz mit dem Seegang zu Recht kommen sollte, sowie einen Handrührbesen, mit dem wir endlich Eischnee schlagen können. Anja hat sich auch sehr darauf gefreut, ihre eigens geerntete Kräutersammlung wieder zu haben. Michael ist überaus glücklich, nun endlich sein eigenes, gutes Werkzeug an Bord zu haben.
Den ganzen Tag haben wir in der Hitze geräumt und verstaut und doch hat noch nicht alles seinen Platz. Wir haben einfach noch zu viel von zu Hause mitgenommen. Wahrscheinlich werden wir noch nicht einmal die Hälfte von den Klamotten anziehen, die wir jetzt an Bord haben, obwohl wir schon in Deutschland großzügig aussortiert hatten. Dies besonders betreffend aus Anja’s Kleiderschrankvorräten. Michael hatte noch nie solch große Vielfalt. 🙂
Während des Verstauvorgangs haben wir uns dazu entschlossen, die riesige, veraltete Radarantenne nicht mit an Bord zu nehmen. Wohin damit nur? Viel zu groß das Geschoß und keine Möglichkeit, es am Schiff zu montieren. Hier mussten wir uns leider eingestehen, dass dies ein klassischer Fehlkauf war. Den wachhabenden Mariniero fragten wir, ob er dafür Verwendung hätte, und siehe da, ja er würde diese Gerätschaft übernehmen. Demnach ging das veraltete Gerät in seinen Besitz über und wir hatten es los.
Zu guter Letzt lag die Triskèle nachdem auch noch 150 Liter Diesel getankt wurden, etwas tiefer gelegt mit dem Heck im Wasser und alles war an Bord.
Michael montierte zudem auch den Windgenerator auf dem Geräteträger. Der steht uns nun nicht im Weg herum und erfüllt gleichzeitig seinen Zweck – nämlich uns zusätzlich zu unseren Solarpaneelen mit Strom zu versorgen.
Am gleichen Tag war dann noch ein kurzer Tauchgang von Michael im Hafenbecken angesagt. Ein paar Tage zuvor fiel uns leider bei der Untersuchung der Selbststeueranlage ein kleines Geräteteil über den Ausguss am Heck ins Hafenbecken und dieses galt es wieder zu finden. Michael schwang sich also in voller Montur in die Taucherklamotten und machte sich auf die Suche nach einem kleinen schwarzen, runden Plastikteil, das zu Arretierung dieses Gerätes von Nöten ist. Am Steg beobachtete Anja den Tauchgang und machte Wache, dass kein Boot einfahren würde. Zum Glück konnte Michael das Teil wieder finden. Ohne das Teilstück hätten wir die Montage und Nutzung der Selbststeueranlage nämlich vergessen können. Und ob wir das kleine Teil als Ersatz hätten beschaffen können, das steht außer Frage. Aber alles war wieder in Ordnung gekommen.
Abends konnten wir mit einer schlechten Skypeverbindung nochmals Kontakt zur Verwandtschaft und Freunden aufnehmen. Anjas Bruder mit seiner Frau sind in Deutschland unter anderem unsere Kontaktadresse, für den Fall, dass jemand mit unserer Online- Postadresse in Berlin nicht zurecht kommt. Wir haben uns sehr auf die vertrauten Stimmen gefreut. Endlich einmal wieder Kontakt zur Familie. Leider mussten wir von ihnen hören, dass uns unsere beiden Ex-Krankenkassen böse Briefe geschrieben hatten. Auf mehrmaliges Anschreiben hätten wir uns nicht gemeldet, und sie wollten den weiteren Versicherungsverlauf nach dem 30.04.15 geklärt haben. Da wir beide zum 30.04.15 von der letzten Arbeitsstelle abgemeldet wurden, wollten diese uns nun weiter pflichtversichern und veranschlagten anhand der aktuellen Berechnungsgrundlage hohe Beitragssummen. Das verstehen wir nicht, sind völlig verärgert über diese Schreiben! Was sollte dass denn nun? Wut und Verärgerung machte sich in uns breit. Die ganze Nacht lag uns die Mitteilung schwer auf dem Gemüt. Lange bevor unser Arbeitsverhältnis geendet hatte, hatte Anja doch bereits beiden Versicherungen unsere Folgeversicherung einmal telefonisch und schriftlich mitgeteilt. Von beiden Versicherungen gab es telefonisch ein „ok“, „einfach noch einmal schriftlich mitteilen und gut ist“, hatte es von beiden Versicherungen geheißen. Schriftlich kam bis zu unserer Abreise aus Deutschland keine Post mehr und nun das! Morgen früh müssen wir sofort einen bzw. zwei böse Mails losschicken! Das muss sofort geklärt werden, bevor uns noch die veranschlagten Summen vom Konto eingezogen werden, und wir auf See nicht mehr erreichbar und nicht mehr handlungsfähig sind.
Am darauffolgenden Morgen, als die bösen Mails an die Krankenversicherungen geschrieben waren, verproviantierten wir uns noch bevor wir Agios Nikolaos den Rücken zukehrten und uns zur nächsten Bucht nach Spinalonga aufmachten. Die See war ruhig und so motorten wir die Strecke. Immer wieder kamen uns auf dem Weg erhebliche Mengen an Plastiktüten entgegen. Schlimm, dass so viel Zivilisationsmüll auf dem Meer vor sich hin treibt. Eine Sache sah jedoch von Weitem aus, als wäre es ein treibendes Netz. Anja steuerte daran vorbei und stellte überrascht fest, dass es sich hierbei nicht um ein Netz handelte, sondern um eine Meeresschildkröte. Wow, das hätten wir nun nicht erwartet! Elegant bewegte sie sich an der Wasseroberfläche an uns vorbei und verschwand auch schon bald wieder aus unserem Sichtfeld, bevor wir den Fotoapparat zur Hand hatten. Ein tolles Erlebnis für uns!
Die Einfahrt der Bucht Spinalongas war groß und es war nicht so großer Schiffsverkehr, als angenommen. Spinalonga ist die bekannteste Insel Kretas. Die Festung wurde während der Venezianischen Herrschaft erbaut. Von 1669 bis 1715 diente die Festung als Zufluchtsort für Venezianer, Hainider und Gesetzesbrecher. In der Folge wurde sie bis 1903 jedoch ausschließlich von Muslimen bewohnt, die sie als letzte verließen bis die Insel im Jahr 1903 in eine Leprakolonie umgewandelt wurde. Im Jahr 1957 wurde der Betrieb eingestellt und ist seither unbewohnt. Auf der Suche nach einem geeigneten Ankerplatz tasteten wir uns vorsichtig und zaghaft in die Bucht. Überall laut Kartenangabe eine Wassertiefe von 3-6 Meter. Schließlich fiel der Anker auf 4 Meter und Anja machte sich mit Taucherbrille daran, den Anker auf Festigkeit zu überprüfen. Michael hatte gut Kette gestreckt, der Anker lag gut eingegraben im Schlick. Bald schon war es ruhig in der Bucht und die vielen Ausflugsboote zur Touristeninsel waren verschwunden. Wir lagen allein und gut schützt. Michael nahm, nachdem auch er geschnorchelt hatte, den Dudelsack zur Hand und spielte, einfach eine herrliche Stimmung. Wir saßen noch eine Weile im Cockpit und beobachten ein paar wilde Schafe an der Ufernähe.
Am nächsten Morgen (31.07.) hieß es wieder Anker auf. Wir steuerten die nächste empfohlene Bucht, Insel Dia, an. Dort wären wir für uns und man liege dort gut geschützt vor den hier in Griechenland vorherrschenden Nordwestwinden. Die Einfahrt der Bucht war schmäler als gedacht und wir überlegten kurz, ob wir dort wirklich Schutz für die Nacht suchen sollten. Einsam waren wir hier allerdings nicht. Es lag bereits eine französische Yacht in der Bucht. Links und rechts steile, kahle Felswände. Die Bucht gestaltete sich so schmal, dass schon eine Wende mit dem Boot für uns zur Vorsicht gebot. Auf 10 Meter fiel unser Anker. Dem Franzosen war unsere Anwesenheit wohl nicht so geheuer und somit verlegte er sein Boot weiter weg von uns. Na ja, kann ja jeder machen was er will. Die Sicht im Wasser war schlecht und trübe. Der Anker konnte somit nicht 100-ig geprüft werden, aber die Kette lag auf jeden Fall gut und lang über dem Meeresgrund.
Tags drauf montierte Michael noch unsere Windsteueranlage, die Aries, am Heck unserer Triskèle. Wie genau diese funktioniert wissen wir leider noch nicht, erhoffen uns jedoch während der Fahrt dies herauszufinden. Eine Funktionsbeschreibung ist leider nicht an Bord.
Eigentlich wollten wir als nächstes Ziel den Ort Chania an der Nordwesküste von Kreta anlaufen. Dort wollten wir uns auf den Absprung nach Sizilien vorbereiten. Auf dem Weg dort hin entschieden wir jedoch um. Wir segelten schon eine Nacht durch und waren noch lange nicht am Ziel. Wir liefen somit den Militärhafen von Souda an. Die Einfahrt wurde im Handbuch als schwierig bezeichnet, da man sich genau an das Fahrwasser halten sollte, welches nicht besonders breit sei. Umgeben von Sperrgebieten des Militärs gestaltete sich die Zufahrt dank GPS aber doch ganz gut befahrbar. Würde man sich nicht an das Fahrwasser halten, so würden den Booten schon einmal die Zufahrt verweigert werden, so im Handbuch geschrieben. Wir hielten Ausschau, ob uns ein Boot geleiten würde, aber keinen hat unsere Einfahrt wohl so wirklich interessiert. Links und rechts lagen Boote militärischen Zweckes. Längsseits machten wir am Steg fest. Nicht weit weg von unserem Boot lag ein französisches Boot. Bernard von der Yacht KALIMERO begrüßte uns mit 2 Orangen, einer Packung guten französischen Keksen und lud uns sogleich auf sein Boot zum Kaffee ein. Ein einfaches „Bonjour“ öffnet doch immer wieder die Herzen der Franzosen. Dies stellen wir immer wieder auf unseren Reisen fest. Die sind doch gar nicht so verbissen uns Deutschen gegenüber. Man muss eben nur in Landessprache auf die Leute zugehen und schon klappt das mit der Völkerverständigung.
Wir fragen nach dem nächst gelegenen Supermarkt, ob wir hier Hafengebühren bezahlen müssten und wo man hier free WIFI bekommen könnte zum Abfragen des Wetters. Einkaufsmöglichkeiten wären gleich in der Nähe und Gebühren gäbe es hier keine. Das hätte uns auch gewundert, da der Hafen nicht gerade touristisch angehaucht war und weder Sanitäre Anlagen noch Strom zur Verfügung standen. Lediglich eine Wasserleitung lief entlang des Anlegersteges. Ringsum Industrieflair und Einöde. Bei der Frage nach dem free WIFI für die Wetterabfrage holte Bernard sogleich seinen Laptop hervor und zeigte uns die Wetterdaten der nächsten Tage. Einfach klasse vom ihm! Es kam jedoch tatsächlich noch jemand Offizielles an unser Boot heran und fragte, wie lange wir liegen würden, ob Wasser und Strom von Nöten sei. Michael gab ihm zu verstehen, dass wir morgen bzw. übermorgen ablegen würden und nur einen Liegeplatz bräuchten – kein Wasser, kein Strom. Die Verständigung des Marinieros auf Englisch war schlecht, doch im Endeffekt keine Gebühren zu bezahlen.
Am Abend machten wir endlich einmal wieder Musik zusammen und besprachen unseren weiteren Törnverlauf. Einen Tag bleiben wir hier liegen, verproviantieren uns und dann wagen wir den Absprung nach Sizilien auf direktem Wege. Demnach sollte unsere Reise nicht entlang des griechischen Festlandes, sondern frei 450 Seemeilen über das Mittelmeer führen. Am Vorabend der Abreise gehen wir auf ein Glas Rotwein in ein Lokal mit free WIFI und checken nochmals das Wetter, die Windverhältnisse und prüfen unsere Post. Unsere voraussichtliche Fahrtzeit bei den schwach prognostizierten Winden von 2-3 Beaufort schätzen wir auf 7-10 Tage. Wir sind gespannt, wie der Übersetzer sein wird. Ist es ja nun doch die erste längere Fahrt auf dem offenen Meer. Es wird kein Land ins Sicht sein und bei einer Meerestiefe von 3000 – 5000 Meter kann einem schon mulmig werden.
Werden wir die Überfahrt meistern, und sind wir für solch eine lange Stecke schon segeltechnisch bereit?
JA, wir haben die Überfahrt geschafft. Sind kurz vor der Straße von Messina in Reggio Calabria.
Den Bericht hierzu verfassen wir demnächst.