Rasante Überfahrt nach Sardinien

Die Abfahrt aus dem Hafen von Trapani hatte sich leider etwas verzögert. Wollten wir doch gegen Vormittag eigentlich aufbrechen, kam es anders als geplant. Als erstes mussten wir ewig nach einer geöffneten Bäckerei suchen, um uns für die nächsten Tage mit Brot einzudecken. Diese Stadt hat wirklich nicht viel zu bieten. Die Gassen sind leer und nur vereinzelt ein Bed & Breakfast Hotel, wo Stühle in die Fußgängerzone ragen. Ein paar Feinkostläden ohne Brot finden wir und diverse Klamottenläden. Wir laufen uns die Füße wund für einen Laib Brot. Dann am anderen Ende der Stadt endlich eine Bäckerei, die auch Pizza verkauft. Schnell drei Laib für die nächsten Tage gekauft und ab zurück zum Boot.

Die zweite Abfahrtsbremse war eine defekte Dichtung der hinteren Toilette. Diesen Defekt hatte Anja bereits am Abend vor der Abreise festgestellt. Bei Betätigung des Pumphebels der Toilette spritzte Wasser seitlich heraus. Nun gut, dann benutzen wir eben nur die vordere Toilette, so dachten wir abends noch. Am Morgen vor der Abfahrt wollte Michael die Schrauben etwas nachziehen, so dass die Dichtung wieder abdichten sollte. Dies hat leider nicht funktioniert, und um die Dichtung herum tropfte nun ohne Betätigung des Hebels Wasser heraus.

„So können wir nicht in See stechen“, sagt Anja. Sie weiß im gleichen Moment, dass dies für Michael keine Hiobsbotschaft ist, da er nun wieder zu Werkzeug greifen muss, um die Sache ins Reine zu bringen. Michael ärgert sich und hat absolut keine Lust nun noch das Klo zu reparieren! „Wir wollen doch los! Warum jetzt?“ Aber es geht kein Weg daran vorbei. Die Toilette können wir nicht während der ganzen Überfahrt vor sich hin tropfen lassen. Da läuft die ganze Brühe ja auf den Boden bzw. in die Bilge rein und müffelt vor sich hin.

„Wer solche Toiletten erfindet, sollte diese doch auch einmal selbst reparieren müssen“, schimpft Michael. Nicht dass man an die entsprechenden Schrauben direkt dran kommen könnte, nein, man muss erst die komplette Schüssel abmontieren. Dennoch schnell, zwar unter Fluchen, tauscht Michael die defekte Dichtung aus. Anja assistiert und versucht ihren Michael mental aufzubauen.

Um halb zwölf sind wir dann soweit fertig, dass wir weiter zur Tankstelle können. Wir wollen auf jeden Fall noch einmal 100 Liter tanken. Wer weiß ob wir wegen Flaute wieder motoren oder aus sonstigen Gründen den Motor anwerfen müssen. Sicher, ist sicher sagen wir uns. Über den Spritpreis sind wir allerdings schockiert! Hier verlangt man bereits 1,60 €/ Ltr. Diesel! Die Preise werden irgendwie immer teurer.

P1080126Um ca. 12 Uhr kommen wir dann endlich los und machen uns bei ca. 2 bft mit Wind aus NW, 30 °C und herrlichem Sonnenschein auf in Richtung Sardinien. Die Segel sind gesetzt und als der Wind dann später auf Süd dreht, können wir sogar den Weg direkt nehmen. Das Meer ist ruhig, wir fahren etwa 3-4 Knoten. Das Segeln macht heute richtig Spaß! So soll es bleiben, sagen wir uns und sind gespannt, wie sich das Wetter weiter entwickelt, und wie lange wir für den Weg nach Sardinien benötigen würden. Zum Abend kocht uns Michael einen leckeren Bohneneintopf, welcher auch für den nächsten Tag noch reichen wird.

P1080125Die Nachtwache teilen wir wie üblich ein und segeln unter voller Besegelung bei Halbmond entspannt die Nacht durch. Der Sternenhimmel ist einzigartig! Die Milchstraße, wie in den vergangenen Nächten auch, reicht von einer Seite des Horizonts bis zur anderen Seite. Die Sterne sind zum greifen nah und so unzählig viele…wow! Auch bestaunen wir wieder die vielen Sternschnuppen, die in der Nacht verglühen. Leider erleben wir das Spektakel in jeder unserer Schicht alleine, aber bei der Ruderübergabe sprechen wir immer davon, wie schön die Sternschnuppen waren. Zu schade, dass wir mit unserem Fotoapparat keine Bilder davon machen können. Diese Erlebnisse sind einfach nicht in Bildern festzuhalten.

Am zweiten Tag auf See nimmt der Wind gegen Mittag zu, ebenso die Wellen, die sich auf ca. 2 Meter aufbauen. Der Wind kommt aus SO mit ca. 4-5 bft, wir machen mit Rückenwind gute Fahrt. Der Himmel ist wolkenlos bei 30 °C. Den ganzen Tag kommen uns Wasserschildkröten entgegen, die gegen Wind und Welle schwimmen. Beeindruckend wie viele uns passieren. Es müssen hunderte unterwegs sein. Wir sehen schließlich nur die, die unweit unseres Bootes vorbei schwimmen. Man könnte meinen, wir sind auf einer typischen „Wasserschildkrötenroute“. Auch wenn Schildkröten bekanntlich als langsame Tiere gelten, so gelingt es uns nicht, eine davon zu fotografieren. Bis wir diese seitlich vom Boot ausfindig machen können, sind sie auch schon in den Wellen wieder verschwunden.

P1080142Die Wellen schütteln uns ordentlich durch. Sie kommen schräg von hinten, heben das Heck der TRISKÈLE an und versetzen das Schiff beim Durchlaufen immer wieder nach backbord. Das Steuern erfordert Konzentration. Dennoch entgeht uns neben den Schildkröten ein weiteres Spektakel nicht. Etwa 500 Meter auf Steuerbord springen immer wieder Wale aus dem Wasser und winken beim Eintauchen mit ihren Schwanzflossen. Die Wasserfontänen sind weit sichtbar. Michael tippt auf Zwergwale. Leider konnten wir bei dem Gewackel an Bord die Tiere nicht gut fotografieren. 🙁

P1080145Des Weiteren tauchen Delphine auf und spielen in unserer Bugwelle. Es sind richtig viele. Wir sind super glücklich, diese Erlebnisse gemeinsam erlebt zu haben und nehmen diese Eindrücke von heute mit den Tieren in unsere Herzen auf. Das war ein richtig toller Tag! Auch segeltechnisch hatten wir unser bestes Etmal mit 98,5 Seemeilen → gesegelt wohl gemerkt, nicht motort!

Gegen Abend beschließen wir die Fock zu bergen und im 1. Reff im Großsegel durch die Nacht zu fahren. Wir machen auch ohne Vorsegel noch 6,5 Knoten und kommen schneller voran, als wir gedacht hatten. Wenn der Wind in der Nacht weiter bleibt, kommen wir früher als geplant in Sardinien an. Aufgrund der Windrichtung und des anzutreffenden Schwells bei Sardinien, beschließen wir das Ziel nach Porto Coralo zu verlegen. Das ursprüngliche Ziel wäre nach Süd hin offen gewesen und hätte uns bei der Windrichtung keinen Schutz geboten.

Da der Wind und die Wellen auch nachts blieben, haben wir uns bei der Nachtwache immer angeschnallt. Die sich auf 2 Meter Höhe auftürmenden anrollenden Wellen sehen im Mondschein beeindruckend aus und flößen einem doch Respekt ein. Am hellichten Tag sehen diese nur „halb so wild“ aus. Der Rudergänger hat die Nacht gut zu tun und in der Koje findet die Freiwache aufgrund des Geschaukels nur selten richtig Schlaf. Aber auch die Nacht haben wir überstanden und nach einer kleinen Flaute in den frühen Morgenstunden sind wir nach „nur“ 48 Stunden auf See in Sardinien angekommen.

Welch eine rasante Überfahrt! Geplant hatten wir 5-7 Tage für die Fahrt, wenn wir kreuzen müssten oder Flauten aussitzen und nun sind wir da!

P1080181Um halb eins konnten wir an einem nicht in Betrieb befindlichen Steg in Porto Corallo festmachen. Wir hatten die Hoffnung hier kostenlos liegen bleiben zu können, doch wurden wir leider in den üblichen Hafen verwiesen. Da das Hafenbüro noch geschlossen hatte, nutzten wir die Gelegenheit, die TRISKÈLE mit Süßwasser abzuschwenken und unsere T-Shirts durchtränkt von Sonnencreme und Salz in eine Seifenlauge einzulegen. Anschließend legten wir uns noch eine halbe Stunde aufs Ohr.

Um 16 Uhr wollten wir dann im Hafenbüro die bevorstehende Nacht bezahlen. 52 € hätten wir blechen sollen. Das ist uns natürlich zu teuer und erinnerte uns sogleich an den überteuerten Hafen von Reggio di Calabria. „No, to expensive for us! We leave.“ sagten wir der Dame im Büro. Völlig verdattert schaute sie uns an und händigte uns unsere Schiffspapiere wieder aus. Es scheint wohl nicht vorzukommen, dass die Bootseigner aufgrund der überhöhten Preise wieder reiß aus nehmen.

Aber der Hafen ist eine bereits seit Jahrzehnten bestehende Baustelle. Es steht zwar ein Gebäude dort, welches evtl. für ein Hafenbüro ursprünglich gedacht war, jedoch verwahrlost und leerstehend ist. Das Hafenbüro ist provisorischen in Containern untergebracht. Ebenso sind die Sanitäranlagen alles andere als 52 € wert. Diese sind ebenso Container mit Stehtoilette und Duschen, die absolut provisorisch installiert sind. Wir machen die Leinen wieder los und verlegen in eine nahegelegene Bucht, in der der Schwell erträglich ist. An den vorgelagerten Riffen brechen sich die Wellen, sodass wir einigermaßen ruhig liegen können.

P1080158Beim Ankermanöver geht aber dann die Ankerwinde kaputt und Michael ärgert sich mal wieder. Irgendwie kuppelt die Winde nicht mehr ein, der Anker rauscht einfach aus. Michael sichert die Kette an einer Leine. Das wird halten. Aber morgen steht somit schon wieder die nächste Reparatur an. Den Abend verbringen wir auf dem Vordeck und genießen die schöne Stimmung.

Hier in der Bucht bleiben wir vorerst ein paar Tage, bevor wir weiter fahren, um unsere Freunde zu treffen. Wir freuen uns schon sehr darauf, dass wir wieder bekannte Gesichter sehen!

In der Zeit des Entspannens bleibt somit Zeit für die Reparatur der Ankerwinde 🙂

Diese baut Michael dann einmal auseinander und wieder zusammen und sie geht wieder.

P1080154Aufgrund den um unser Boot in Scharen herum schwimmenden fetten, blau-lila Quallen entfällt leider das Schnorcheln und nach dem Anker sehen. Wir sind förmlich umzingelt von den riesigen Tieren. Auch unsere Angelversuche bleibt leider ohne Erfolg.

Abends paddeln wir an Land zur Strandbar und suchen wieder free WIFI um unsere Mails zu checken und Kontakt zur Heimat aufzunehmen. Die TRISKÈLE sieht ja doch toll aus so vom Strand aus gesehen. Den restlichen Abend verlegen wir uns dann wieder aufs Vordeck und genießen den Sternenhimmel bei einem Gläschen Rotwein.

Hier machen wir jetzt mal ein paar Tage „Urlaub“ 🙂

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